Eine Charakterisierung schreiben

Im Gegensatz zu einer Personenbeschreibung, wie man sie schon aus der 7. Klasse kennt, ist eine Charakterisierung eine Textsorte, die danach strebt, ein umfassendes Bild der erwählten Person zu liefern. Man darf sich also nicht länger ausschließlich auf das Äußere der Person fixieren, sondern auch ihren Charakter erfassen und alle Befunde anhand von Zitaten belegen. Charakterisierungen können typischerweise nur von Charakteren erstellt werden, denen ein Text zugrunde liegt. Normalerweise werden daher Charakterisierungen in der Schule zu den Protagonisten von Romanen, Novellen und Dramen erstellt.

Wie geht man am besten an eine Charakterisierung heran?
Auch hier heißt es: Keine Angst haben, das ganze klingt schlimmer als es wirklich ist. Vor allem, wenn man den Text mehrere Male aufmerksam durchließt, erfasst man den Charakter des zu beschreibenden Protagonisten schnell und muss nur noch die passenden Textstellen heraussuchen, um seinen Charakter zu belegen.

Zur Vorbereitung eines Textes raten wir immer unseren Schülern, den Text mindestens dreimal durchzulesen. Das erste Mal ganz unvoreingenommen, damit die Textstelle verstanden wird. Fallen nach dem Lesen allerdings einige Sachen auf, sollten Notizen genommen werden. Beim zweiten Lesen sollte man einen Stift zur Hand nehmen, entscheidende Textstellen unterstreichen und gegebenenfalls auf einem Schmierblatt oder am Rand des Textes Sachen vermerken, die auffällig sind. Das dritte Lesen sollte vertiefend die Feststellungen überprüfen, die man die beiden Male davor gesammelt hat.

  • Hast du deine Textstelle dreimal gelesen? Was ist dir aufgefallen?
  • Ist der Protagonist ein stereotyper Mensch (ein Beispiel für eine ganz bestimmte Menschengruppe), ein Held (also ein idealisierter Mensch), ein gewöhnlicher Mensch, ein Feindbild oder ein Antiheld?
  • Welche Adjektive kannst du ihm zuordnen?

Wie wird eine Charakterisierung verfasst?
Genau wie die meisten Textsorten, gliedert man grob die Charakterisierung nach Einleitung - Hauptteil - Schluss. Man verwendet dabei immer das Präsens und achtet auf eine gewählte Sprache - selbst wenn die Textstelle obszön Sprache zeigt (diese Sprache kann jedoch mit der entsprechenden Zeilenangabe zitiert werden).

Einleitung:
Hier müssen unbedingt Titel der Textstelle, sowie Autor, Textsorte und gegebenenfalls das Kapitel genannt werden. Anschließend nennst du in einem zweiten Satz Name, Alter, Beruf, Stand, oder andere grundsätzliche Dinge, die einen groben Eindruck des Protagonisten wiedergeben.

Beispiel: Die nachfolgende Charaktieriserung liegt dem zweiten Kapitel des Buches "Der gute Mensch von Sezuan" von Berthold Brecht zugrunde. Sie befasst sich mit Shen Te, welche als Prostetuierte in einem armen Viertel in der Stadt Sezuan arbeitet
An dieser Stelle kann es sinnvoll sein, den Leser in das bisherige Geschehen einzuführen oder sogar eine kurze  Zusammenfassung des Romans, der Novelle oder des Dramas zu liefern.

Hauptteil:
Es ist empfehlenswert, die Charakterisierung innerhalb des Hauptteiles weiter zu gliedern. Eine sinnvolle Gliederung (unserer Meinung nach) beginnt mit dem Offensichtlichsten einer Person: ihrem Aussehen. Im Grunde bietet sich eine kleine Personenbeschreibung (hier kannst du nachlesen, wie das geht) an, die dem Leser deiner Charakterisierung einen ersten groben Eindruck des Protagonisten  vermittelt.

Anschließend lässt du eine ganze Zeile frei und beginnst, dem Leser textlinear (gerne auch nach Wichtigkeit) mit Zeilenangaben die Charaktermerkmale des Protagonisten wiederzugeben. Wähle deine Worte dabei sorgfältig und lasse dich auf eine vielfältigere Schattierung ein, als auf ein bloßes "Gut und Böse".

Wenn du deine Textbelege und Erklärungen zum Charakter des Protagonisten zuende geführt hast, solltest du dem Leser noch einmal zusammenfassend ein rundes Bild des Charakters liefern. Dabei darfst du auch gerne dein Vorwissen einfließen lassen, solange es das Bild bereichert!

Schluss:
Achtung hier: ein Schluss ist nicht immer erwünscht! Du solltest daher vorher genau bei deinem Lehrer in Erfahrung bringen, ob er einen Schluss im Form einer Stellungnahme wünscht oder nicht.

In deiner Stellungnahme nimmst du, wie du dir denken kannst, auf den Charakter des Protagonisten Stellung und sagst, was du von ihm hältst. Du darfst auch gerne darüber reflektieren, ob der Autor der Figur ein realistisches/naturalistisches Antlitz verliehen hat und ob du sie sympathisch findest.


.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen